Joseph Smith/Polygamie/Eheschließung mit jungen Frauen

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Joseph Smith: Eheschließung mit jungen Frauen

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Frage: Warum wurde Joseph Smith an junge Frauen gesiegelt?

Die polygamen Eheschließung von Joseph Smith mit jungen Frauen sind vielleicht heute schwer zu verstehen oder zu erklären, doch zu jener Zeit waren solche Altersunterschiede kein Hindernis für eine Eheschließung

Kritiker argumentieren, dass die polygamen Eheschließungen von Joseph Smith mit jungen Frauen der Beweis dafür wären, dass er unmoralisch, vieleicht sogar pädophil, gewesen wäre.

Die polygamen Eheschließung von Joseph Smith mit jungen Frauen sind vielleicht heute schwer zu verstehen oder zu erklären, doch zu jener Zeit waren solche Altersunterschiede kein Hindernis für eine Eheschließung. Die Mehrehen waren, gelinde gesagt, ungewöhnlich, das junge Alter der Bräute war es keineswegs. Kritiker vermeiden es, die Dinge aus diesem Blickwinkel zu betrachten, da sie gerne ihr Publikum schockieren und sie Joseph Smith nach den gesellschaftlichen Maßstäben ihrer eigenen Zeit beurteilen lassen, statt ihn nach den Maßstäben seiner eigenen Zeit zu beurteilen.


Helen Mar Kimball

Einige haben den Schluss gezogen, dass Helen sexuelle Beziehungen zu Joseph gehabt habe, was ja in Ordung gewesen wäre, da sie miteinander verheiratet waren, und zwar mit ihrem eigenen Einverständnis und dem ihrer Eltern. Der Historiker Todd Compton ist jedoch anderer Meinung. Er kritisiert die Antimormonen Jerald und Sandra Tanner dafür, dass sie sein Buch dazu benutzt haben, für eine sexuelle Beziehung zu argumentieren. Er schreibt:

Die Tanners machten großes Aufhebens um die Heirat von Joseph Smith mit seiner jüngsten Frau, Helen Mar Kimball. Sie versäumen es jedoch zu erwähnen, dass ich geschrieben habe, dass es absolut keinen Hinweis darauf gibt, das es in dieser Ehe Sexualität gegeben habe. Ich nehme an, gemäß dem, wie es später in Utah üblich war, dass keine Sexualität im Spiel war (S. 638). Alle Beweise weisen auf diese Ehe als eine rein dynastische Ehe hin.[1]

Mit anderen Worten: Polygame Ehen hatten oft einen anderen Zweck als den der Fortpflanzung. Ein solcher Zweck war wohl, glaubenstreue Familien miteinander zu verbinden, und das scheint der Zweck der Eheschließung von Joseph Smith mit der Tochter eines glaubenstreuen Apostels gewesen zu sein. (siehe Das Gesetz der Adoption)

Kritiker, die annehmen, alles in der Vielehe „drehe sich um Sex”, offenbaren mehr über ihre persönliche kulturelle Befangenheit als über die Geisteshaltung der frühen Kirchenmitglieder.

Helen Mar „nahm, bevor sie starb, Feder und Papier zur Hand und beschrieb in einer Reihe von Artikeln, die im Woman's Exponent in den 80-er Jahren des 19. Jahrhunderts erschienen, anschaulich ihre Beziehung als Mitglied zur Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage in den ersten beiden Jahrzehnten ihrer Existenz.”[2] Einige ihrer Artikel behandeln die Mehrfachehe: „Ihre persönlichen Erinnerungen an jene Zeit stellen, zusammen mit anderen Berichten aus erster Hand von jenen, die daran teilnahmen, eine wertvolle Quelle dar. Sie verschaffen uns eine vollständigere Sicht auf die Einführung der markantesten Eigentümlichkeit des Mormonismus im 19. Jahrhundert.”[3] Die Schriften von Helen Mar, eine wichtige Quelle mormonischer Geschichte, wurden 1997 vom Zentrum für religiöse Studien der Brigham Young University in einem Buch mit dem Titel A Woman's View: Helen Mar Whitney's Reminiscences of Early Church History (Die Sicht einer Frau: Helen Mar Whitney's Erinnerungen an die frühe Kirchengeschichte.) veröffentlicht. Das Buch beinhaltet auch ihre Autobiographie von 1881 für ihre Kinder. Dort schrieb sie bezüglich ihrer Ehe mit dem Propheten Joseph Smith:

Seit damals habe ich längst gelernt, alles Gott zu überlassen, der besser als wir weiß, was uns glücklich machen wird. Ich bin dankbar, dass er mich durch den Schmelzofen der Trübsal gebracht hat und dass er sich dazu herabgelassen hat, mir zu zeigen, dass die Verheißungen, die mir an dem Morgen, als ich an den Propheten Gottes gesiegelt wurde, gemacht wurden, nicht unerfüllt bleiben sollen. Ich habe die Kette nicht gebrochen, denn ich hatte ein Gesicht des Grundsatzes der ewigen Errettung und der vollkommenen Vereinigung, die diese siegelnde Macht der menschlichen Familie bringen wird und mit der Hilfe unseres himmlischen Vaters bin ich entschlossen, so zu leben, dass ich diese Verheißungen beanspruchen kann. (Holzapfel, 487)

Fanny Alger

Die Ehefrau, über die wir wohl am wenigsten wissen, ist Fanny Alger, die erste Mehrfachfrau von Joseph, die er 1833 kennenlernte, als sie als eine Art Hausgehilfin für Emma im Haus der Smiths weilte. Eine solche Arbeit war zu jener Zeit für junge Mädchen üblich. Es gibt keine Berichte aus erster Hand, also von Joseph oder Fanny, über diese Beziehung. Es gibt auch keine Berichte aus zweiter Hand, also von Emma oder von Fannys Familie. Alles was wir haben sind Berichte aus dritter Hand, die meisten aus einer Zeit viele Jahre nach den Ereignissen.

Leider lässt dieser Mangel an zuverlässigen und ausführlichen historischen Einzelheiten viel Platz für Kritiker zu behaupten, Joseph Smith habe eine Affaire mit Fanny gehabt und später die Mehrehe erfunden, um auf diese Weise seine Handlungsweise zu rechtfertigen. Das Problem ist, dass wir einfach nicht genau wissen, was geschah, und so ist es uns überlassen anzunehmen, dass Joseph ehrenvoll handelte, wie es die Gläubigen tun, oder dass er unehrenhaft handelte, wie es die Kritiker tun.

Es gibt einige historische Hinweise darauf, dass Joseph Smith bereits 1831 wusste, dass die Mehrehe wiederhergestellt werden sollte, also ist es vollkommen legitim anzunehmen, die Beziehung zwischen Joseph und Fanny Alger sei ein solcher Fall.

Historische und kulturelle Perspektiven

Ganz sicher entsprach eine Mehrehe keineswegs den Werten des „Mainstream Amerika” zur Zeit von Joseph Smith. Der heutige Leser beurteilt jedoch das Alter der Ehepartner nach heutigen Maßstäben statt nach den Maßstäben des 19. Jahrhunderts. Sowohl in Amerika als auch in Europa haben damals Mädchen meist sehr jung geheiratet, oft wesentlich ältere Männer.

In seinem Buch über die Ehen von Joseph Smith erwähnt Todd Compton auch die folgenden monogamen Ehen:

Ehemann Alter des Ehemanns Ehefrau Alter der Ehefrau Altersunterschied
William Morgan 44 Lucinda Pendleton 18 26
Orson Hyde 29 Marinda Johnson 19 10
Sylvester Stoddard 40er Almira McBride 17 >23
Roswell Murray 62 Fanny Young 44 18


Und eine Reihe von nichtmormonischen historischen Persönlichkeiten wies ähnlich hohe Altersunterschiede auf:

Ehemann Alter des Ehemanns Ehefrau Alter der Ehefrau Altersunterschied
Johann Sebastian Bach 36 Anna Magdalena Wilcke 19 17
Lord Baden-Powell (Founder of Scouting) 55 Olave Soames 23 32[4]
William Clark (of the Lewis and Clark Expedition) 37 Julia Hancock 16 21[5]
Grover Cleveland (22nd, 24th US President) 49 Frances Cleveland 21 28
Thomas A. Edison 24 Mary Stillwell 16 8
Thomas A. Edison 39 Mina Miller 20 19
Martin Harris (1808) 24 Lucy Harris (1. Cousine) 15 9[6]
Levi Ward Hancock (7 April 1803) 30 Clarissa Reed 17 13[7]
Andrew Mellon 45 Nora Mary McMullen 20 25
John Milton (Paradise Lost) 34 Mary Powell (1. Ehefrau) 17 17
John Milton 55 Elizabeth Minshull (3. Ehefrau) 24 31
Edgar Allen Poe 26 Virginia Clemn (seine Cousine) 13 13
Alexander Smith 23 Elizabeth Kendall 16 7[8]
David Hyrum Smith 26 Clara Hartshorn 18 8[9]
Frederick Granger Williams Smith 21 Annie Maria Jones 16 5[10]
Joseph Smith, III 66 Ada Rachel Clark 29 37[11]
Almonzo Wilder 28 Laura Ingalls (Little House) 18 10

Zu bemerken ist, dass 41.7% der Frauen als Teenager heirateten im Vergleich von nur 4,1% der Männer. Das Durchschnittsalter für Männer war mehr als fünf Jahre höher als das für Frauen (27.6 vs. 22.5). Für junge Frauen war die Ehe in Mitte oder in den frühen Teenagerjahre selten aber nicht gänzlich unbekannt sowohl in einzelnen als auch in statistischen Berichten. Teenagerbräute heirateten einen Ehemann, der durchschnittlich 6.6 +/- 4.7 Jahre äler war. In jener Zeit waren 13% der Männer über 10 Jahre älter als ihre Teenager-Ehefrauen.

Der Leser des 21. Jahrhunderts betrachtet Heiraten zwischen jungen Mädchen und viel älteren Männern als unangemessen, doch es ist nicht ungewöhnlich. Heute ist in den meisten der Vereinigten Staaten das Alter der Volljährigkeit bei 18 Jahren. Dies ist das Alter, ab dem sexuelle Aktivitäten oder zu heiraten erlaubt sind. Doch sogar heute odz das heiratsfähige Alter, das Mindestalter, ab dem man mit Erlaubnis der Eltern oder eines Gerichts heiraten kann in den meisten Staaten bei 16. In Kalifornien gibt es kein Mindestalter zum Heiraten; ein Kind kann mit Erlaubnis der Eltern jederzeit heiraten.[12] Auf diese Weise ist Joseph Smiths Ehe mit Helen Mar Kimball, die mit Zustimmung ihrer Eltern geschah sogar heute in Kalifornien legal, außer es wäre eine polygame Ehe.

Doch die heutigen Altersbeschränkungen repräsentieren in den meisten Staaten nur die heutige Einstellung. Das Volljährigkeitsalter unter dem üblichen englischen Gesetz war zehn. Die Vereinigten Staaten hoben das Alter der Volljährigkeit nicht von Ende des 19. Jahrhunderts. In den Tagen von Joseph Smith galt in den meisten Staaten zehn Jahre als das Alter der Volljährigkeit. In einigen wurde es auf zwölf angehoben und Delaware setzte es herab auf sieben![13]

Es ist bezeichnend, dass keiner von Josephs Zeitgenossen sich über die Altersunterschiede zwischen polygamen oder monogamehn Ehepartnern beschwert hat. Das war einfach ein Teil ihres Umfeldes und ihrer Kultur; es ist unfair Menschen des 19. Jahrhunders nach sozialen Standards des 20. Jahrhunders zu richten. Ein Nicht-HLT-Gelehrter über das Leben von Teenagern in der Amerikanischen Geschichte bemerkte:

Bis zum 20. Jahrhundert waren die Volljährigkeitserwartungen junger Leute nicht durch das Alter bestimmt sondern durch ihre Größe. Wenn ein 14jähriger groß und stark genug ausseh, die Arbeit eines Mannes auf einer Farm oder in einer Fabrik oder einer Mine zu tun, betrachteten ihn die meisten als einen Mann. Und wenn ein 16jähriger weniger entwickelt war und nicht als Mann auftreten konnte, war er keiner. Für junge Frauen galt genau das gleiche. Heiratsfähig zu sein war das gleiche wie bereit zu sein, Mutter zu werden, was von ihrer Entwicklung abhängig war, nicht vom Alter....

Wichtig jedoch war, dass die Mündigkeit eines jeden jungen Menschen individuell beurteilt wurde.[14]

In vergangenen Jahrhunderten verstarben Frauen oft bei der Geburt ihrer Kinder und Männer wiederverheirateten sich danach mit jüngeren Frauen. Frauen heirateten oft ältere Männer, weil sie finanziell besser abgesichtert waren und eher in der Lage waren, sie zu unterhalten als Männer ihres Alters.


Endnoten

  1. Todd M. Compton, Response to Tanners, post to LDS Bookshelf mailing list, no date. It should be mentioned that many reviewers of Compton's work do not agree with all of his conclusions, even though he has collected much useful data; see the reviews of In Sacred Loneliness,
  2. Jeni Broberg Holzapfel and Richard Neitzel Holzapfel, eds., A Woman's View: Helen Mar Whitney's Reminiscences of Early Church History. (Provo: Religious Studies Center, BYU, 1997), ix. GospeLink
  3. Jeni Broberg Holzapfel and Richard Neitzel Holzapfel, eds., A Woman's View: Helen Mar Whitney's Reminiscences of Early Church History. (Provo: Religious Studies Center, BYU, 1997), xv. GospeLink
  4. "...such an age difference was not uncommon at the time." Baden-Powell, en.wikipedia.org (accessed 21 January 2006) Link
  5. "...Clark also met and married Julia Hancock, several years his junior, whom he met when she was 12 years old, and he decided he would marry her on her fifteenth birthday." Biography of William Clark, virginia.edu (accessed 31 May 2006) Link
  6. Susan Easton Black and Larry C. Porter, "For the Sum of Three Thousand Dollars," Journal of Book of Mormon Studies 14/2 (2005): 4–11. Link wiki
  7. Susan Easton Black (editor), Who's Who in the Doctrine and Covenants, 114; Compton, In Sacred Loneliness, 32.
  8. Linda King Newell and Valeen Tippetts Avery, Mormon Enigma: Emma Hale Smith, 2nd edition, (Urbana and Chicago: University of Illinois Press, 1994), 360, footnote 27. ISBN 0252062914. ISBN 978-0252062919.
  9. Linda King Newell and Valeen Tippetts Avery, Mormon Enigma: Emma Hale Smith, 2nd edition, (Urbana and Chicago: University of Illinois Press, 1994), 287. ISBN 0252062914. ISBN 978-0252062919.
  10. Linda King Newell and Valeen Tippetts Avery, Mormon Enigma: Emma Hale Smith, 2nd edition, (Urbana and Chicago: University of Illinois Press, 1994), 274. ISBN 0252062914. ISBN 978-0252062919.
  11. Roger D. Launius, Joseph Smith III: Pragmatic Prophet (Urbana and Chicago: University of Illinois Press, 1995), 333–335. ISBN 0252065158. ISBN 978-0252065156.
  12. "Marriage Laws of the Fifty States, District of Columbia and Puerto Rico," a Cornell Law School web site. Link
  13. See Melina McTigue, "Statutory Rape Law Reform in Nineteenth Century Maryland: An Analysis of Theory and Practical Change," (2002), accessed 5 Feb 2005. Link
  14. Thomas Hine, The Rise and Fall of the American Teenager: A New History of the American Adolescent Experience (HarperCollins, 1999), 16.