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< Mormonismus und die Natur Gottes
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Etwas, das die Heiligen der Letzten Tage von nahezu dem ganzen Rest der Christenheit absetzt, ist die Lehre, dass Gott der Vater einen Körper von menschlicher Form besitzt. Ja, viele unserer christlichen Brüder und Schwestern betrachten diesen Glauben definitiv als seltsam und einige stellen deshalb sogar unseren Anspruch auf die Bezeichnung „christlich” in Frage.
Heilige der Letzten Tage glauben, dass Gott einen menschlichen Körper hat, ganz einfach deshalb, weil unsere Schriften und unsere Propheten einmütig davon Zeugnis geben. „Der Vater hat einen Körper aus Fleisch und Gebein, so fühlbar wie der eines Menschen, ebenso der Sohn.” (Lehre und Bündnisse 130:22)
In anderen Worten: Wenn wir wissen wollen, welche Art von Wesen Gott ist, wem sollen wir dann eher glauben, als jenen, die ihn tatsächlich gesehen haben? Es gibt eine Reihe von biblischen Beispielen, wie:
Einige dieser Schriftstellen können sich auf Gott den Sohn beziehen, doch einige davon wie die von Stephanus und Johannes beziehen sich gewiss auf die Person des Vaters.
Edmond LaB. Cherbonnier vom Trinity College (ein nicht mormonischer Gelehrter) fasst dieses Phänomen so zusammen:
Christopher Stead, ein weiterer nicht mormonischer Gelehrter von der Cambridge Divinity School stimmt zu, dass:
Die HLT-Lehre von der Körperlichkeit Gottes ruht in erster Linie auf dem Zeugnis von Augenzeugen. Wir glauben, dass Gott einen Körper von menschlicher Form hat, weil jeder, der ihn gesehen hat, ihn so beschreibt.
Offensichtlich legen die meisten anderen Christen die Bibel in diesem Punkt anders aus als wir und sie setzen dieser Art „Antropomorphismus” einige Standardeinwände entgegen. Einer genauen Betrachtung halten diese Einwände jedoch nicht stand. Für einige übliche Einwände gegen die HLT Lehre, die in einem Traktat von Catholic Answers, Inc. mit dem Titel „Hat Gott einen Körper?” zu finden sind, wird das gezeigt. [3]
Dann sprach Gott: Lasst uns Menschen machen als unser Abbild [hebräisch tselem], uns ähnlich [hebräisch demuth]. (Genesis 1:26) Heiligen der Letzten Tage scheint diese Aussage im ersten Kapitel der Bibel ziemlich klar zu sein. Doch unsere Mitchristen sagen oft, das sei bildlich zu verstehen in dem Sinn, dass Menschen eine „vernunftbegabte Seele” haben, was uns von den Tieren unterscheidet. Doch betrachten wir die Worte, die nur einige Kapitel später Adams Sohn Set beschreiben: „Adam war hundertdreißig Jahre alt, da zeugte er einen Sohn, der ihm ähnlich [hebräisch demuth] war, wie sein Abbild [hebräisch tselem], und nannte ihn Set.” (Genesis 5:3)
Adam wurde in Gottes Abbild, ihm ähnlich geschaffen und Adams Sohn war in seinem Abbild und ihm ähnlich. Genau die selben Worte wurden vom selben prophetischen Autor benutzt, um beide Szenarios zu beschreiben. Entweder sah Adam wie Gott aus oder Set war von den Söhnen Adams der einzige, der eine „vernunftbegabte Seele” besaß. Falls es einen guten Grund gibt, eine Passage auf eine Weise zu interpretieren und die andere auf andere Weise, so müssen ihn die Kritiker erst liefern. Der vorgefasste Entschluss, es abzulehnen, den Menschen in der Gestalt Gottes zu sehen (oder Gott in der Gestalt eines Menschen) würde dazu führen, die Ausdrücke unterschiedlich zu interpretieren.
Natürlich stimmt es, dass Schreiber der Bibel zahlreiche Methaphern verwendeten, wenn sie von Gott sprachen. Nur weil einige Aussagen über Gott metaphorisch sind, heißt das noch lange nicht, dass das auf jede Aussage zutrifft. Wenn der Psalmist davon spricht, dass uns Gott mit seinen Federn zudeckt und uns unter seinen Flügeln Zuflucht gewährt, ist die Metapher völlig klar. Genau so als Jesus sagte: „Wie oft wollte ich deine Kinder um mich sammeln, so wie eine Henne ihre Küken unter ihre Flügel nimmt; aber ihr habt nicht gewollt.” (Matthäus 23:37) Was genau ist aber die metaphorische Interpretation von „Gottes Rücken”, den Moses sah? Im Bericht des Stephanus über seine Vision gibt es keinen Hinweis auf irgend eine metaphorische Bedeutung. Er berichtete einfach was er sah, genau so die anderen.
Siehe auch: Gott ist Geist
Mit diesem Einwand gibt es mehrere Schwierigkeiten. Zunächst, Paulus schrieb: „Wer sich dagegen an den Herrn bindet, ist ein Geist mit ihm.” (1. Korinther 6:17) Zu sagen, dass Gott „ein Geist” ist, ist gleichwertig mit der Aussage, dass ein Mensch, der sich an den Herrn bindet „ein Geist” mit ihm ist, und doch haben Christen offensichtlich sowohl einen Körper als auch einen Geist.
Zweitens gibt es in Altgriechisch keinen unbestimmten Artikel (ein, eine), daher kann die Passage als „Gott ist ein Geist” oder „Gott ist Geist” übersetzt werden. Die meisten heutigen Übersetzungen haben das zweite ausgewählt, weil die Aussage des Johannes „Gott ist Geist” zwei Parallelen in zwei Passagen in seinem ersten Brief hat: „Gott ist Licht” (1. Johannes 1:5) und „Gott ist Liebe” (1. Johannes 4:8). Im Zusammenhang scheinen sich alle diese Passagen auf die Handlungsweise Gottes mit den Menschen zu beziehen und nicht so sehr auf die Natur seines Wesens, und natürlich würde man nie sagen, Gott ist „eine Liebe” oder „ein Licht”. Außerdem erklärt Christopher Stead von der Cambridge Divinity School (ein weiterer nichtmormonischer Gelehrter), wie solche Aussagen innerhalb des antiken Judentums interpretiert worden wären:
Es ist immer zu bedenken, dass die Bibel von Hebräern geschrieben wurde und dass die Schreiber des Neuen Testaments alle Juden waren. Wir sahen am Anfang dieses Artikels, dass die Hebräer Gott durchgehend in menschlicher Gestalt darstellten.
Wie ein weiterer Kommentator bemerkte:
Schließlich glauben die Heiligen der Letzten Tage nicht, dass „Geist” unkörperlich ist, das heißt ohne Substanz, ebenso wenig wie die ersten Christen. Der große protestantische Historiker Adolf von Harnack schrieb:
Der große christliche Autor Tertullian (ca. 200 n. Chr.) schrieb zum Beispiel:
Warum begannen Christen, etwas anderes zu glauben? J.W.C. Wand, ein Historiker und ehemaliger anglikanischer Bischof von London, schreibt, dass eine der griechischen philosophischen Schulen (die Neoplatoniker), die in den Tagen des römischen Reiches populär war, in dieser Hinsicht einen besonderen Einfluss ausübte. (Siehe weiter unter bezüglich Einfluss der griechischen Philosophen):
Leider ist das nicht der Fall. Origenes (etwa 225 n.Chr.) schrieb:
Origenes, der nicht an die Körperlichkeit glaubte, gab dennoch zu, dass es unter den Christen seiner Zeit beträchtliche Verwirrung über diese Frage gab, aber warum?
Origenes gibt uns in einer Predigt über das Buch Genesis einen weiteren Hinweis:
Die Juden und die Christen, die der üblichen jüdischen Auslegung folgten, glaubten, dass Gott einen Körper in menschlicher Gestalt habe. Warum wies Origenes das zurück? Einfach deshalb, weil die Philosphen dachten, es sei dumm. Zum Beispiel schrieb der mittelplatonische Philosoph Plutarch folgendes:
Sokrates und Plato äußerten, dass Gott der Eine sei, die einzige selbstexistente Natur, die Monade, das wahre Sein, das Gute: und all diese Vielfalt von Namen weist unmittelbar auf Verstand. Gott ist Verstand, eine eigene Art, das heißt völlig immateriell und unverbunden mit irgend etwas Vergänglichem (d.h. veränderlichem).[11]
Ein weiterer griechischer Philosoph, Empedokles (ca. 444 v. Chr.) behauptet, Gott
Griechische Bekehrte zum Christentum wollten wollten ihren Glauben für Menschen aus ihrer eigenen Kultur attraktiver machen und so übernahmen sie eine Definition Gottes von den griechischen Philosophen, der Gedanken zu jener Zeit weithin geachtet wurden. Es gibt immer die Versuchung, seinen eigenen Glauben populärer zu machen, indem man ihn modernisiert, doch gerade davor hat der Apostel Paulus gewarnt: „Gebt Acht, dass euch niemand mit seiner Philosophie und falschen Lehre verführt, die sich nur auf menschliche Überlieferung stützen und sich auf die Elementarmächte der Welt, nicht auf Christus berufen.” (Kolosser 2:8). Was war die gängige Philosophie in den Tagen des Paulus? Das war griechische Philosophie. Ähnlich schrieb Pater Jean Daniélou, ein katholischer Hisotiker und später Kardinal, dass
In einigen Generationen hatte sich das jedoch völlig geändert und Philospohie beherrschte die christliche Theologie.[14] Heilige der Letzten Tage begreifen diesen Prozess als eine Folge des Abfalls.
Siehe auch: Kein Mensch hat Gott gesehen
Einige Christen sind der Meinung, die Passagen in der Bibel, die Gottes menschliche Gestalt beschreiben, müssten bildlich gesehen werden, da „niemand Gott je gesehen hat” (Johannes 1:18). Ähnlich sagte Gott zu Mose, „kein Mensch kann mich sehen und am Leben bleiben” (Exodus 33:20). Doch das sagte Gott unmittelbar, bevor er ihm sagte, er werde an Mose vorbeigehen, so dass er seinen Rücken sehen könne, doch nicht sein Gesicht (Exodus 33:21-23). Zu der Zeit war Gott ärgerlich, so können das besondere Umstände gewesen sein. Doch stellt das ein merkwürdiges Problem dar, wenn man die vielen Male betrachtet, in denen die Bibel davon berichtet, dass Menschen Gott doch gesehen haben. Samuel Meier, Associate Professor für Hebräisch an der Ohio State University schreibt zu diesem Problem:
Heilige der Letzten Tage können diese Passagen mit jenen in Einklang bringen, die Visionen vom Vater beschreiben indem sie auf die Vision des Moses von Gott verweisen, wie sie in der Köstlichen Perle beschrieben ist. „und er Gott von Angesicht zu Angesicht sah und er mit ihm redete und die Herrlichkeit Gottes auf Mose war; darum konnte Mose seine Gegenwart ertragen....Denn siehe, ich hätte Gott nicht anblicken können, wenn nicht seine Herrlichkeit auf mich gekommen und ich vor ihm verklärt worden wäre. Mose 1:2, 14 EIne gleiche Lösung wird von Petrus in einem frühen judenchristlichen Werk aus dem zweiten oder dritten Jahrhundert angeboten, den Homilien des Clemens:
Im selben Dokument wird ein weiteres Gespräch zwischen Petrus und Simon dem Magier berichtet:
Das Wesentliche in diesen Passagen ist nicht, dass niemand jemals die Person Gottes gesehen hat oder sehen wird, sondern wohl dass der Mensch Gott nicht sehen kann, wie er ist. Wir müssen verändert und geschützt werden durch die Gnade Gottes, damit wir seine Gegenwart ertragen, und auch dann können wir seine Majestät nicht voll erfassen. Doch das wird nicht immer der Fall sein. Wie Johannes weiter schrieb: „Liebe Brüder, jetzt sind wir Kinder Gottes. Aber was wir sein werden, ist noch nicht offenbar geworden. Wir wissen, dass wir ihm ähnlich sein werden, wenn er offenbar wird; denn wir werden ihn sehen, wie er ist.” (1. Johannes 3:2)
Hat Gott einen Körper? Offensichtlich kann die Sache nicht dadurch geklärt werden, dass man einige Bibelverse zitiert und sich zum Sieger erklärt. Sollen wir das Zeugnis der Propheten für bare Münze nehmen, wie es die Juden und die Judenchristen in alter Zeit getan hätten? Oder sollen wir besser die Definition Gottes annehmen, die Christen von den griechischen Philosophen entlehnt haben?
Heilige der Letzten Tage neigen dazu, das Zeugnis der Propheten anzunehmen, da die HLT Lehre besagt, dass alle für sich selbst über solche Dinge Offenbarung von Gott erhalten können.
Doch ist ganz klar, dass die Schreiber der Bibel und die frühen Christen glaubten, dass Gott einen Körper hat. Dieser Glaube änderte sich nur allmählich, als griechische Philosophie ihren Einfluss geltend machte.
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